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Intervision für Lehrkräfte

Christiane Ebeling

Musiktherapeutisch orientierte Intervision mit Lehrkräften an einem Hamburger Gymnasium

Es gibt es zahlreiche musiktherapeutische Projekte in pädagogischen Settings mit der Zielgruppe von Schüler:innen meistens mit einem Förderbedarf (Jordan, Pfeifer, Stegemann & Lutz Hochreutener, 2018). Keine Beispiele sind mir am Gymnasium bekannt. Als Beratungslehrerin und Musiktherapeutin an einem Hamburger Gymnasium habe ich die Klangwerkstatt als sozial-emotionales Förderangebot in der Schule implementiert (Ebeling, 2019).

Darüber hinaus hat mich die Frage interessiert, welche Psycho- und Gruppendynamiken im Klassenraum wirken und welche Rolle die Lehrkräfte in diesem Zusammenhang spielen. Wenn es ein musiktherapeutisches Angebot wie die Klangwerkstatt an der Schule gibt, sind es häufig die Lehrkräfte, die Kinder und Jugendliche dort hinein empfehlen. Ich stellte sich mir hier immer häufiger die Frage, wer hat eigentlich das Problem? Sind es immer die SchülerInnen allein oder bringen auch Lehrkräfte ihre Beziehungserfahrungen und ihre Rollenauffassung als Lehrkraft mit in den Klassenraum und tragen mit zu Konfliktsituationen bei?

Zudem steigt die Zahl psychischer Probleme und Erkrankungen bei Schüler:innen auch schon vor den Corona Maßnahmen (Bella-Studie, 2018). Das betrifft in besonderen Maße natürlich die Kinder und Jugendliche selbst, aber auch die Lehrkräfte sehen sich in wachsendem Maße herausfordernden psychosozialen Konflikten in der Schule gegenüber gestellt. Auch hier steigt seit Jahren die Anzahl an Burnout Erkrankungen.

Die Ausbildung von Lehrkräften ist kaum auf die Reflexion von Psycho- und Gruppendynamiken im Klassenraum und ihrer eigenen Rolle ausgelegt. Beispiele aus der psychoanalytischen Pädagogik gibt es zwar (Hilblinger, 2018), haben sich aber (bisher) nicht auf breiter Basis durchgesetzt. Ebenso gibt es für diesen herausfordernden psychosozialen Beruf kaum Supervision.

Anknüpfend an diese Ausgangslage habe ich in meiner Masterarbeit ein Intervisionsangebot an meinem Gymnasium mit folgender Fragenstellung gemacht:

Inwiefern können musiktherapeutische Methoden gewinnbringend dabei sein, bei der Intervision mit Lehrkräften Beziehungsdynamisches besser zu verstehen und zu begleiten (Ebeling, 2020)?

Die musiktherapeutische Improvisation und auch das musiktherapeutisch orientierte Rollenspiel schien mit besonders geeignet, Beziehungsdynamiken hör- und spürbar zu machen. Aus diesen Überlegungen heraus habe ich im Pilotprojekt drei Sitzungen à vier teilnehmenden Kolleg:innen durchgeführt. Der von einer Kollegin vorgestellte Fall wurde in allen drei Sitzungen im Dreischritt Analyse der Situation, Zukunftsprojektion und Metareflexion des Prozesses bearbeitet und die entstandenen szenischen Musikimprovisationen nach den Parametern Hegis (2010) ausführlich ausgewertet.

Wichtige Grundlage für die Vorbereitung der Sitzungen bildete die Auseinandersetzung mit relevanten Aspekten der musiktherapeutischen Arbeit, sowie mit entwicklungspsychologischen, psychodynamischen, gruppendynamischen, sowie institutions- und soziodynamischen Aspekte des Bereiches Schule und Lernen. Auch die Methoden der Supervision/ Intervision und Aspekte des Psychodramas werden eingeführt (Fausch-Pfister, 2011).

 

In dem Pilotprojekt konnte gezeigt werden, dass es möglich und sinnvoll ist, mit musikalischen Rollenspielen Beziehungsdynamiken zwischen Lehrkräften und Schüler:innen besser zu verstehen. Dieses bildet eine wichtige Voraussetzung für die Beziehungsgestaltung und somit für das Lernen aus der Perspektive der Schüler:innen und ist ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Psychohygiene und der professionellen Rollenreflexion von Lehrkräften. Zentrale Rolle spielte dabei der Einsatz der musikalischen Improvisation, die verdichtet die verinnerlichten Beziehungserfahrungen im musikalischen Rollenspiel wahrnehmbar und bearbeitbar machte.

Musiktherapeutisch orientierte Supervision/ Intervision kann also ein wichtiger Baustein für Schulentwicklung im Sinne der Psychohygiene und der professionellen Rollenreflexion von Lehrkräften sein. Der Versuch verlief äußerst erfolgreich und wird mittlerweile regelmäßig an meinem Gymnasium fortgeführt.

Mir war es wichtig, dieses Projekt gerade an der Schulform Gymnasium durchzuführen, denn hier gibt es bislang wenig psychosoziale Unterstützung für Schüler:innen und Lehrkräfte. Interessant wäre es nun, dieses Angebot als externe musiktherapeutische Supervisorin auch an anderen Schulen durchzuführen, wo der Vorteil bestünde mehr Abstand zum System und zu den Kolleg:innen zu haben. Der sichtlich weiter steigende psychosoziale Bedarf an Schulen im Zusammenhang könnte diese Möglichkeit in naher Zukunft eröffnen.

 

Ein weiterer Beitrag von Christiane Ebeling ist zu lesen unter hms-2-2022.pdf (hamburg.de)

 

Literatur

BELLA-Studie (2018). Ergebnisse. Verfügbar unter: https://www.bella-study.org/die-studie/ergebnisse/

Hirblinger, H. (2018). Psychoanalytisch-pädagogische Kompetenzen für die Lehrerbildung. Wahrnehmung, sprachliches Handeln und Erfahrungsorganisation. Gießen: Psychosozial Verlag.

Ebeling, C. (2019). Die Klangwerkstatt am Heisenberg-Gymnasium. Einführung eines musiktherapeutischen Projekts zur Förderung von BeobachtungsstufenschülerInnen in ihrer sozial-emotionalen Entwicklung. Unveröffentlichte Profilarbeit, Hochschule für Musik und Theater, Hamburg.

Ebeling, C. (2020). Inwiefern können musiktherapeutische Methoden gewinnbringend dabei sein, bei der Intervision mit Lehrkräften Beziehungsdynamisches besser zu verstehen und zu begleiten? Unveröffentlichte Masterarbeit, Hochschule für Musik und Theater, Hamburg.

Fausch-Pfister, H. (2011). Musiktherapie und Psychodrama. Wiesbaden: Reichert Verlag.

Hegi, F. (2010). Improvisation und Musiktherapie. Möglichkeiten und Wirkungen von freier Musik. Wiesbaden: Reichert Verlag.

Jordan, A.-K., Pfeifer, E., Stegemann, T. & Lutz Hochreutener (Hrsg.), (2018). Musiktherapie in pädagogischen Settings. Impulse aus Praxis, Theorie und Forschung, Münster: Waxmann.

 

 

 

 

Kontakt

 

Arbeitskreis "Musiktherapie in pädagogischen Settings"


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